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Enorme Vermögensunterschiede geben Anlass zur Sorge! ABER: Die 99%-Initiative greift zu kurz

Justitia et Pax, Schweizer Bischofskonferenz: Medienmitteilung

Bild © SBK

Die Schweizerische Nationalkommission Justitia et Pax hat sich intensiv mit den Anliegen der 99%-Initiative befasst. Tatsächlich haben die Vermögensunterschiede in den letzten Jahrzehnten enorm zugenommen. Das belegen verschiedene Untersuchungen und Statistiken neueren Datums. Damit sind Fragen der Gerechtigkeit, des unterschiedlichen Umgangs mit Erwerbs- und Kapitaleinkommen, aber auch des gesellschaftlichen Zusammenhalts aufgeworfen.

In der Schweiz besitzen rund 1 Prozent der Vermögensbesitzenden rund 43 Prozent aller Vermögen. Diese hohen Vermögen sind grösstenteils ererbt und nicht durch eigene Leistung erworben. In der Schweiz sind die Vermögensunterschiede im Vergleich zu vielen europäischen Nachbarstaaten ausserordentlich gross. Daraus erwachsen politische, soziale und wirtschaftliche Vorteile für wenige, die auch gesellschaftspolitische Entscheidungen negativ beeinflussen können. Die 99%-Initiative will hierzu einen Lösungsbeitrag leisten.

Allerdings zeigt sich bei genauerer Betrachtung, dass die Vorlage zu viele Fragen offenlässt. Eine höhere steuerliche Belastung hoher Kapitalerträge schafft zwar eine zusätzliche Einnahmequelle des Staates für seine gewachsenen Aufgaben und erfüllt den von der Verfassung vorgegebenen Grundsatz der „Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit“, sie verpasst es aber, die Verteilungsfrage in einen grösseren sozial- und wirtschaftspolitischen Kontext zu stellen. Fragen einer Entlastung von Arbeitseinkommen zulasten des Ressourcenverbrauchs (sozial-ökologische Steuerreform) und einer Reform des Erbschaftsrechts, das sich wieder stärker am Leistungs- und weniger am Abstammungsprinzip orientiert, sind davon unberührt.

Eine sozialethische Perspektive hat vor allem das Gemeinwohl und das Wohl der am meisten Benachteiligten im Blick. Weltweit sind die enormen Einkommens- und Vermögensunterschiede und die damit verbundenen Einflussmöglichkeiten ein Thema, das Anlass zur Sorge gibt. Bei dieser Abstimmungsvorlage geht es auch um die Frage, wie gerecht die wachsenden Ausgaben des Staates finanziert werden sollen. Deshalb teilt die Kommission Justitia et Pax das Grundanliegen der Initiative. Sie bedauert es aber, dass das berechtigte Anliegen nicht in den Kontext der viel drängenderen Fragen einer notwendigen sozial-ökologischen Transformation unserer Wirtschaft gestellt wurde.

Link Medienmitteilung

Kontakt

Dr. Wolfgang Bürgstein, Generalsekretär Justitia et Pax:

Mobil:  +41 78 824 44 18, eMail:

Justitia et Pax ist eine beratende Kommission der Schweizer Bischofskonferenz. Sie beschäftigt sich schwerpunktmässig mit sozialen, politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Fragen und macht dies aus einer sozialethischen Perspektive.